Adventskonzerte 2016

Im Jahr 2016 sangen wir unsere Adventskonzerte in der Katholischen Kirche St. Marien in Offenbach und in der Evangelischen Christuskirche (Links öffnen sich in neuem Fenster) in Oberursel.

Wir sangen das "Magnificat" von Antonio Lotti, "Nun komm, der Heiden Heiland" von Michael Praetorius und in einer Vertonung von Johann Crüger, und das "Magnificat" von Jan Lukáš Zelenka.

Zum ersten Mal sangen wir gemeinsam mit dem Kammerorchester Dreieich, das ebenfalls von Armin Rothermel geleitet wird. Das Orchester bereicherte und ergänzte das Programm mit dem Concerto Grosso Nr. 8 aus Opus 6: Zwölf Concerti Grossi von Arcangelo Corelli.

Den geneigten Ohren unseres Publikums

… mitteltönig – unterschwebt …


Zu den Aufgaben des Thomaskantors Johann Sebastian Bach gehörte auch sein Amt als Orgelrevisor. Es war ihm aufgetragen, neu gebaute oder überholte Orgeln abschließend zu begutachten – sprich abzunehmen. Deswegen wissen wir sehr genau, dass Bach sich zeitlebens in diesem Zusammenhang für eine mitteltönige Stimmung dieser Instrumente ausgesprochen hat. Das gleiche gilt für den Orgelbauer Gottfried Silbermann, dessen Instrumente Bach, wie wir wissen, bevorzugt spielte.


Der am Ende völlig spekulative Diskurs um den für Bach singulären Sonderfall des „Wohltemperierten Klaviers“ (tatsächlich gibt von Bach selbst keinen einzigen musikwissenschaftlich haltbaren Hinweis auf eine Bevorzugung eines Stimmungssystems, das sich in die Richtung der gleichschwebend-temperierten Stimmung bewegt, und wenn überhaupt, sollte man den Ausdruck „wohltemperiert“ heute mit dem Begriff „angemessen temperiert“ übersetzen) überdeckt und beeinflusst übermäßig stark die Auseinandersetzung mit dem gesamten Rest der Musik dieser und der vorangegangen Epoche der Musikgeschichte.
Michael Praetorius gibt in einem der bedeutendsten Werke der musiktheoretischen Literatur, „Syntagma musicum“ (1614-19) eine ausführliche mathematisch theoretische wie musikalisch-praktische Darstellung bzw. Stimmanweisung der mitteltönigen Stimmung.


Charakteristische Merkmale der mitteltönigen Stimmung sind:

  • proportionsgebundene Diatonik und Chromatik (Primzahlenwerte 2, 3, und 5) in größtmöglicher Reinheit (Kompromiss bei den Quin-ten, die etwas kleiner [unterschwebt] sind als für moderne Ohren gewohnt).
  • Mittelwert zwischen dem großen (8/9) und dem kleinen (9/10) Ganzton [daher der Name mitteltönig].
  • Beherrschendes Intervall: die reine Terz


Das alles aber nicht nur als hörbar gemachte mathematische Übung bzw. spielpraktische Notwendigkeit, sondern auch theologisch (protestantisch) motiviert. Beispielsweise schreibt Andreas Werckmeister in seiner Schrift „Musicam in numeris theologizenticam“ oder „Musicam Theologicam“:


„Diese Zahlen 1. 2. 3. 4. 5. 6. und 8. sind nun ein Corpus der völli-gen Harmonie […]. Sie können uns Schatten-Weise das Wesen des Allmächtigen Gottes abbilden / wie er von Ewigkeit in seiner ewigen Natur / ehe der Welt-Grund geleget war / gewesen ist.“


Die mitteltönige Stimmung erfuhr im 18. Jh. mehrere Modifikationen. Andreas Werckmeister (1681/91) und der Bachschüler Johann Philipp Kirnberger (1766/71) sind zwei der wichtigsten Protagonisten auf dem Weg zu einer angemessenen Darstellung der Musik des frühen 19. Jahrhunderts.
Die mitteltönige Stimmung unterscheidet sich hörbar von der unseren modernen Ohren geläufigen, gleichschwebend-temperierten Stimmung (z.B. dem Klang eines gut gestimmten modernen Klaviers).
Uns erscheinen manche Klänge gleichsam etwas rau, manche Intervalle irritierend scharf, für das „musikhistorisch uninformierte“ Ohr an der Grenze der Verstimmtheit.
Dennoch, in Anbetracht all der vorher genannten Bedeutungszusammenhänge, war und ist es uns ein Anliegen und Herausforderung zugleich, neben der eigentlichen Bewältigung des zu erarbeitenden Notentextes, auch dem Ideal des etwas spröden Klanges der mitteltönigen Stimmung nachzuspüren und, soweit es unsere Möglichkeiten uns erlauben, zu realisieren.


Armin Rothermel

 

Termine

Samstag, 10. Dezember 2016, 20 Uhr
Katholische Kirche St. Marien
Bieberer Str. 55
Offenbach

Sonntag, 11. Dezember 2016, 18 Uhr
Ev. Christuskirche
Oberhöchstadter Str. 18
61440 Oberursel